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Der Sejm der Republik Polen hat Anfang September 2004 in einer einstimmigen Resolution
Die abenteuerlich anmutende und aus deutscher Sicht indiskutable Resolution des polnischen Parlaments ist im Herkunftsland nicht nur auf Zuspruch gestoßen, sondern hat in Warschau zu einer Debatte über Verhaltensmaßnahmen im deutsch-polnischen Verhältnis geführt. Mit 130 Parlamentariern hat sich ein Drittel der Sejmabgeordneten zwar nicht offen gegen die Resolution gestellt, aber sich der Beschlußfassung entzogen. Berücksichtigt man, daß die noch junge polnische Demokratie einer auf hoher See schwankenden Nußschale gleicht, so ist diese passive Ablehnung immerhin bemerkenswert. Die Haltung der Abstimmungs-Verweigerer läßt zumindest eine differenzierte Betrachtung erkennen.
Aleksander Kwasniewski, Staatspräsident:
Wenn wir diese Rechnungen aufstellen würden, würden wir das vereinigte
Europa tatsächlich zerstören. ... Die Entschädigungsfrage ist ein innerdeutsches
Problem. ... [Aber] ich kann von der deutschen Regierung nicht verlangen,
daß sie die Forderung der [Preußischen] Treuhand selbst begleicht.
Sejm-Marschall Jozef Oleksy:
Die Regierung muß den Beschluß nicht wörtlich nehmen. ... Einen Wutanfall
zu bekommen, gehört zu der Palette der Verhandlungstechniken.
Ministerpräsident Belka:
Die Frage der Reparationen ist ein für alle Mal abgeschlossen.
Außenminister Cimoszewicz:
Eine interministerielle Gruppe wird die Kriegsschäden und -verluste des
Landes erfassen. Die Bewertung der Verluste zielt nicht auf etwaige Entschädigungsforderungen
an Deutschland. Es geht ... um Erinnerung.
Polnischer Botschafter in Deutschland Dr. A. Byrd:
Die Resolution im Sejm wird zu Unrecht als Reparationsverlangen an Deutschland
interpretiert. ... Es gibt keine Forderung. ... Polen hat anders Deutschland
auf alle Entschädigungsforderungen an seine östlichen Nachbarn verzichtet
und seine Vertriebenen selbst entschädigt. Wir sagen aber nicht, was Deutschland
[in dieser Frage] tun soll.
Janusz Majcherek, Historiker:
Geschichtspolitik, wie sie der Sejm nun durchsetzen will, führt nur in
eine Sackgasse. Sie kann keine Politik, die auf Lösung der Probleme von Gegenwart
und Zukunft abzielt, ersetzen.
... Die Polen müssen sich sagen, daß sie zwar im Zweiten Weltkrieg vor allem Opfer, aber manchmal auch Täter waren.
Im Abschnitt IV des Potsdamer Protokolls vom 2. August 1945, auf das Polen sich hinsichtlich der "Umsiedlung" genannten Vertreibung immer wieder beruft, wurde festgelegt, daß Deutschland in eine westliche und eine östliche Reparationszone eingeteilt wird. Die UdSSR sollte ihre und polnische Forderungen aus der östlichen Zone befriedigen.
Am 16. August 1945 schlossen die UdSSR und Polen ein Abkommen, in welchem die Sowjetunion unter anderem ihre Reparationsrechte aus deutschem Vermögen "auf dem Gebiet Polens ..., soweit es zum deutschen Territorium gehörte" an Polen abtrat.
Im Einvernehmen mit der polnischen Regierung unterzeichneten Molotow und Grotewohl am 22. August 1953 ein Protokoll, in welchem die Sowjetunion erklärte, die Erhebung von Reparationsleistungen zum Jahresende 1953 einzustellen. Deutschland sei von der Zahlung staatlicher Nachkriegsleistungen frei. Am Tage darauf erklärte die Regierung der Volksrepublik Polen, "... mit Wirkung vom 1. Januar 1954 auf die Zahlung von [deutschen] Reparationen an Polen zu verzichten".
Verzicht als einseitiges völkerrechtliches Rechtsgeschäft ist möglich und führt zum Untergang von Forderungen. Der Widerruf eines Verzichtes kann aus Gründen der allgemeinen Rechtssicherheit nicht zum Wiederaufleben von Ansprüchen führen.
Polen hat im Zusammenhang mit dem Warschauer Vertrag vom 7.12.1970 gegenüber der Bundesregierung bestätigt, daß sich die Verzichtserklärung von 1953 auf "ganz Deutschland" bezog.
Die Republik Polen hat aus völkerrechtlicher Sicht damit keine Möglichkeit, gegen Deutschland Reparationsforderungen durchzusetzen.
Es lassen sich keine genauen Daten über die Gesamthöhe der an die UdSSR und Polen geleisteten Reparationen erheben. Angaben schwanken zwischen 6 Mrd. und 31,7 Mrd. Dollar (Weltmarktpreis von 1938). Hinzu kämen die durch Konfiskationen an die UdSSR und Polen gefallenen deutschen Vermögenswerte, soweit es sich nicht um private Vermögenswerte gehandelt hat. Auch diese Vermögenswerte lassen sich nicht hinreichend bestimmen.
Zusammenstellung: B. Knapstein.
Inhaltlicher Stand: 16.09.2004
Artikel geändert am 13.02.2009
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