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Die Geschichte Masurens

Schon von jeher ist Masuren - bis 1870 als Landschaft Galinden bekannt -, gegeben durch die natürliche Lage, ein Land der Grenze gewesen. Bevor Ostpreußen durch den Ritterorden der deutschen Kultur erschlossen wurde, waren in diesen Gebiet die Pruzzen oder Altpreußen ansässig, ein baltischer Volksstamm. Sie waren Heiden und verehrten in Perkunos, in Potrimpos und in Pikollos die großen Naturgewalten, durch die sie sich in ihrem Dasein begnadet, aber auch bedroht fühlten.

Schon vor dem Orden hatten die benachbarten Polen, oft unter Zuhilfenahme von Feuer und Schwert, vergeblich versucht, diesen naturverbundenen Pruzzen das Christentum zu bringen. Schließlich rief im Jahre 1225 der polnische Fürst Konrad von Masowien den Ritterorden zu Hilfe und sicherte ihm alles Land zu, das er in Besitz nehmen würde. Damit begann das einmalige Kolonisationswerk, an dem sich Ritter aller europäischen Staaten beteiligten. Schon Anfang des 14. Jahrhunderts, also rund 200 Jahre bevor man Amerika für den europäischen Westen entdeckte, wurde durch die Bauten von Ordensburgen und Häusern der Grundstein auch zu den meisten masurischen Städten gelegt. Damit wurde auch das weite Land der Wälder, Seen und Moore, das nach dem Willen der Ordensmeister lange Zeit unbesiedelt geblieben war, um als „Wildnis" eine natürliche Grenze nach Norden und Osten zu bilden, immer mehr kultiviert. Bald fand auf friedlichem Wege eine Vermischung der altpreußischen Bevölkerung mit den westdeutschen Siedlern statt. Sie waren ja nicht nur durch den gemeinsamen Glauben verbunden, sondern auch durch die gemeinsame Arbeit an dieser urwüchsigen Erde, deren geheimem Zauber sich die Menschen vielleicht schon damals nicht entziehen konnten, genauso wie zu unserer Zeit. Wenn auch der Orden im Jahre 1410 in der Schlacht von Tannenberg entscheidend geschlagen wurde und langsam an Bedeutung verlor, so hatte er darum seine große Aufgabe dennoch erfüllt.

Ein deutsches Bollwerk Europas war geschaffen worden, das durch die Umwandlung des Ordensstaates in ein weltliches Herzogtum unter Albrecht von Brandenburg (1525) und durch die damit verbundene Reformation nur noch gefestigt wurde. Rund 700 Jahre hat dieses Bollwerk seine Aufgabe erfüllt.

Immer wieder wurden gerade von den Bewohnern des Grenzgebietes größte Opfer an Gut und Blut gefordert. Anfang des 17. Jahrhunderts spielte sich der schwedisch-polnische Krieg auf masurischer Erde ab und brachte die furchtbaren Tatareneinfälle mit, die von einer Grausamkeit ohnegleichen gewesen sein müssen, so daß die Tatarenangst noch lange wie ein Alpdruck die Gemüter der Menschen belastete und sich in ihren Sagen und Märchen widerspiegelte. Im Gefolge der Kriege kam die Pest, es kamen Viehseuchen, Unwetterkatastrophen, ja, den Plagen Ägyptens gleich traten neben den Verwüstungen durch Ratten und Mäuse im Jahre 1711 Heuschreckenschwärme auf, eine für diese Breiten ungewöhnliche Erscheinung, und in einer Fülle, daß, wie es in einem Bericht heißt, „die Sonne vor ihnen verdunkelt wurde und man die Erde für ihnen nicht mehr hat sehen können". Was Krieg und Pest verschont hatten, rafften dann die folgenden Hungersnöte dahin.

In dem Bestreben, das entvölkerte Land wiederaufzubauen, wurden immer wieder neue Siedler herbeigezogen. So wie die Salzburger im Regierungsbezirk Gumbinnen heimisch wurden, so wie die Hugenotten mit ihrem Handwerkerfleiß hauptsächlich in den ostpreußischen Städten Fuß faßten, so wie holländische Mennoniten ihre Kenntnisse von der Trockenlegung von Sümpfen an den Ufern von Nogat und Memel verwandten, so wie alle diese Zugewanderten zum ostpreußischen Volksstamm wurden, so waren schon zur Zeit der Reformation große Teile der benachbarten masowischen Bevölkerung in Masuren angesiedelt worden. Ihre Sprache hatte sich sehr bald vermischt mit der damals noch sehr lebendigen Sprache der Altpreußen, für die übrigens noch zur Zeit Herzog Albrechts eigene Gesang und Predigtbücher gedruckt wurden. Auch dies möge als Zeichen gewertet werden, daß die alten Pruzzen vom Orden nicht ausgerottet worden sind, wie verleumderische Stimmen gerne sagen. So entstand, angereichert durch deutsche Wortbildungen, die masurische Mundart, die sich in ihrer Eigenart grundlegend von der polnischen Sprache unterscheidet. Hauptsächlich unter der Landbevölkerung verbreitet, konnte man dies Masurische noch bis zuletzt von alten Leuten hören. Im Zuge der Zeit sind die masowischen Einwanderer zu dem Stamm der deutschen Masuren geworden, der seine Treue zum deutschen Volk und Reich in der Abstimmung am 11. Juli 1920 mit einem Abstimmungsergebnis von 97,8 % bewiesen hat.

Im Gegensatz zu den Masowiern haben die Philipponen, die aus religiösen Gründen ihre russische Heimat verließen und sich, verhältnismäßig gering an Zahl, in der Gegend um das Dorf Eckersdorf ansiedelten, bis zuletzt mit dem alten Glauben auch die alten Sitten und Gebräuche bewahrt. Ihre Kolonie in Eckersdorf, dazu das eigenartige Nonnenkloster am nahen Duss-See, war wie eine fremde Oase, eine kleine Sehenswürdigkeit mitten im masurischen Land. Diese zahlenmäßig winzige Gruppe von religiösen Flüchtlingen sei nur erwähnt, um zu zeigen, daß Preußen ein wahrer Hort der Toleranz war und jeden „nach seiner Facon seelig werden ließ".

Das Schicksal Masurens war eng mit dem des jungen preußischen Staates verknüpft. Vier Jahre lang ertrug Masuren russische Besatzung während des Siebenjährigen Krieges und französische Besatzung während des „Unglücklichen Krieges" von 1806/07, wie es in den alten Schriften heißt. Um die fremden Truppen und ihre Pferde zu verpflegen, mußte oft das letzte Saatgut geopfert, das junge, grüne Korn auf den Feldern gemäht und das eigene Vieh mit dem Stroh der Dächer gefüttert werden! Und trotzdem folgten im Jahre 1813 die Einwohner Masurens bereitwillig dem Aufruf zur Aufstellung freiwilliger Landwehrregimenter, so daß vom Osten her die Befreiung Preußens ihren Anfang nehmen konnte.

Auch im Ersten Weltkrieg wurden nach den Russeneinfällen auf masurischer Erde die großen Befreiungsschlachten geschlagen, auch im Ersten Weltkrieg zogen Flüchtlingstrecks über die ostpreußischen Straßen und durch die masurischen Wälder, auch im Ersten Weltkrieg gab es verwüstete Felder, vernichtete Dörfer, zerschossene Städte. Und doch hat wohl kaum ein anderes Volk seine Verbundenheit mit der angestammten Heimat so einmütig bekundet, wie die Masurenestaten, als sie, trotz des verlorenen Krieges und trotz der polnischen Lockungen, sich bei der schon erwähnten Abstimmung im Jahre 1920 fast einhundertprozentig zu Deutschland bekannten! Das sind Tatsachen, die nicht vergessen werden dürfen!

Konnten die Wunden des ersten Krieges noch geheilt und das schwergeprüfte Land einer neuen Blüte entgegengeführt werden, so brachte der letzte Krieg, der in Wahrheit ein „Unglücklicher Krieg" war, mit seiner Massenvernichtung und Massenvertreibung unsagbares Elend auch über das masurische Land und über die masurischen Menschen, von denen so viele die Heimat nicht mehr verlassen konnten oder auch nicht verlassen wollten, aus Liebe und Treue zu ihrem Land.

Geändert am 01.06.2000
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