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Land & Leute

Verzicht auf deutsche Reparationen – Dokument verloren?

Die Frankfurter Allgemeine nannte es ein „archivalisches Waterloo“. Tatsächlich könnte man so den Verlust der Originalurkunde, an die sich Rechtsfolgen knüpfen, nennen.

Was man in Warschau jedoch nicht mehr findet, ist nicht etwa ein x-beliebiger Vertrag mit einem Zulieferbetrieb für Bürobedarf. Gesucht und nicht gefunden wird vielmehr das Original der Verzichtserklärung vom 23. August 1953. Jener Erklärung der polnischen Regierung, aufgrund derer Deutschland von der Reparationenpflicht gegenüber Polen frei geworden ist. Die Erklärung ist damit ein wichtiger Sockel für die deutsche Rechtsposition, gegenüber Polen aus Reparationspflichten entlassen zu sein.

Absicht oder Versehen? Ein Stück aus dem Tollhaus allzumal. Immerhin, schon vertreten erste polnische Politiker die Auffassung, daß es jene Erklärung nie gegeben habe. Das erinnert ein wenig an Verschwörungstheorien und dürfte guter Stoff für Romanautoren sein.

Auch in Berlin gibt es keine Kopie der Erklärung. Wohl existiert ein Brief des damaligen DDR-Ministerpräsidenten Otto Grotewohl an den polnischen Regierungschef Boleslaw Bierut, in welchem Grotewohl sich für den „großherzigen“ Verzichtsbeschluß der Polen bedankt. Neben diesem Brief existiert auch noch eine Pressemeldung der polnischen Parteizeitung Trybuna Ludu, sowie eine Meldung gleichen Inhalts der SBZ-Presseagentur ADN.

Der auch in Deutschland anerkannte polnische Historiker Wlodzimierz Borodziej von der Universität Warschau und sein Kollege Bogdan Musial zeigen sich nicht allzu verwundert über den Verlust des Dokuments. Es habe durchaus den Handlungsweisen jener diktatorischen Zeit entsprochen, von den Sowjets vorformulierte Erklärungen in die Hand gedrückt zu bekommen, die ohne große Umwege an die Trybuna Ludu weitergereicht worden seien. In der stalinistischen Zeit habe man schriftliche Entscheidungsprozesse als hinderliche Formalitäten selten ernst genommen. „Das Fehlen eines Dokuments ist für diese Jahre nichts Besonderes“, so konstatiert Musial laut FAZ.

Auch Berlin zeigt sich gelassen. Der Artikel in der Trybuna Ludu sei soviel wert, wie eine Erklärung des Kanzlers vor dem Bundestag. Es erübrige sich eine schriftliche Fixierung.

Eben dieser Vergleich stimmt nachdenklich, berücksichtigt man, daß gerade der amtierende deutsche Bundeskanzler aus Opportunitätsgründen sich selbst oft und gerne widerlegt. Der Bogen solchen Verhaltens läßt sich zurück bis zu dem berühmt gewordenen Ausspruch Konrad Adenauers über sein Desinteresse am eigenen dummen Geschwätz von gestern ziehen.

Dennoch, - kein Grund zur Sorge. Polen hat seine Verzichtserklärung im Zusammenhang mit dem Warschauer Vertrag vom Dezember 1970 bestätigt und gegenüber der Bundesregierung erklärt, daß sich der Verzicht auf Reparationen auf „ganz Deutschland“ bezogen habe.

Bernhard Knapstein

Artikel geändert am 13.02.2009

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