Die Präsidentschaftswahlen in Polen haben eines sehr deutlich
gezeigt: Lech Kaczynski konnte überall dort mit dem antideutschen
Wahlkampf-Faktor keine Stimmen erlangen, wo naturgemäß
der Kontakt zwischen Deutschen und Polen recht ausgeprägt ist,
nämlich in den Oder-Neiße-Gebieten. Hier hat der eher
deutschfreundliche Donald Tusk die Mehrheit der Stimmen für
sich gewonnen. Ängste vor "deutschen Revisionisten"
bestehen in den historischen deutschen Siedlungsgebieten naturgemäß
nicht, da die seit 15 Jahren fortgesetzte Heimatarbeit der Kreisgemeinschaften
und Landsmannschaften sowie der ständige Kontakt zwischen alten
und neuen Bewohnern jener Gebiete derartige Ängste gar nicht
erst aufkommen läßt.
Kazcynski hat gleichwohl auch in diesen nordwestlichen Wojewodschaften
Stimmen einfahren können, da er - zumindest im Wahlkampf -
für eine rigorose Abrechnung mit der Korruption der Ex-Kommunisten
und ähnlich den Positionen der hiesigen Ex-Kommunisten eher
für eine Umverteilung vorhandener Mittel in das Sozialsystem
steht, als für eine Förderung des Wirtschaftssytems. Diese
Mischung an Themen hat letztlich den Ausschlag gegeben, da die antideutschen
und antieuropäischen Themen zumindest im südöstlichen
Polen den deutlichen Vorsprung vor Tusk verschafft haben.
Dies erkennt man am ehesten an der Wojewodschaft Ermland und Masuren,
dem südlichen Ostpreußen, einer ländlichen Region,
in der eigentlich Kaczynski hätte gewinnen müssen. Diese
Wojewodschaft ist die ärmste der Republik und hat die höchste
Arbeitslosigkeit zu verzeichnen. Dennoch war der an die Existenzängste
appellierende Kaczynski seinem Kontrahenten Tusk hier unterlegen.
In der Analyse wird man feststellen müssen, daß die
Brückenbauerfunktion der deutschen Heimatvertriebenen, die
aktiv in den Heimatgebieten den Kontakt zur polnischen Seite pflegen,
eine politische Realität ist.
Den Ausgang der Wahlen in den einzelnen Regionen können
Sie unter www.prezydent2005.pkw.gov.pl/PZT/PL/WYN/W/index.htm
selbst nachvollziehen.
Bernhard Knapstein
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