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Land & Leute

Aufklärung ist möglich

Das Massengrab von Marienburg wirft viele Rätsel auf – Lauter »Mosaiksteinchen«

Mit über 1800 Toten gehört das seit dem 28. Oktober freigelegte Massengrab bei der Marienburg zu den größten in den Vertreibungsgebieten. Wer waren die Opfer, wer die Täter? Trotz aller Merkwürdigkeiten und Rätsel um den grauenvollen Fund scheint Aufklärung möglich.

Ein Vier-Sterne-Hotel und eine McDonalds-Filiale sollten (und sollen immer noch) nahe der Marienburg entstehen. Doch in den zurückliegenden Wochen wurden auf dem Baugelände an der Kleinen Geistlichkeit beim ehemaligen Hotel drei Kronen die sterblichen Überreste von über 1800 Menschen entdeckt. Alle waren unbekleidet, und offenbar stammt das Grab aus dem Jahre 1945. Schnell war klar, daß es sich bei den Toten um Deutsche handelt, denn NS-Opfer wären vor Kriegsende mit Sicherheit nicht in so zentraler Lage und nach Kriegsende nicht in so unwürdiger Form in Geschoßtrichtern beigesetzt worden.

Ebenso steht inzwischen fest, daß zumindest ein großer Teil dieser Toten Zivilisten waren, denn unter den ihnen waren viele Frauen, Kinder und Alte. Etwa jeder zehnte Schädel weist ein Einschußloch über der Nasenwurzel auf. Erkennungsmarken von Soldaten und Zahnersatz einschließlich Plomben fehlen ganz.

Alles andere war zunächst unklar, und ist es überwiegend immer noch: Waren unter den Getöteten auch deutsche Soldaten oder bei Kämpfen getötete Zivilisten, oder handelt es sich um die Hinterlassenschaft eines oder mehrerer Massaker? Wurden die Toten am Beisetzungsort getötet? Stammten die Menschen überwiegend aus Marienburg oder waren auch ostpreußische Flüchtlinge darunter? Und soweit die Toten nicht bei Kämpfen ums Leben kamen, waren die Täter sowjetische Soldaten oder Polen?

Etliche Mosaiksteinchen erlauben heute zumindest Plausibilitätsüberlegungen zu allen diesen Fragen. Ein Motiv für die Entkleidung der Toten könnte theoretisch gewesen sein, die spätere Aufklärung zu verhindern. Genau für diese Sorge hatten aber weder Russen noch Polen im Jahre 1945 irgendeine Veranlassung: Unabhängige Aufklärung war Lichtjahre entfernt. Allerdings war es offenbar eine sowjetische Methode der Desinfektion, Tote zu entkleiden – ein Hinweis auf russische Täter, zumal erst im Sommer 1945 in größerer Zahl Polen nach Marienburg kamen. Der Umstand, daß auf dem Gelände ein Teil der Kleidung wiedergefunden wurde, ist wiederum ein Hinweis, daß die Opfer, soweit es Gewaltopfer waren, am oder nahe beim Ort der Bestattung getötet wurden.

Übrigens benennt das 1967 erschienene „Neue Marienburger Heimatbuch“ genau 1840 vermißte Bürger der Stadt. Nach Angaben des Heimatkreisvertreters Bodo Rückert handelt es sich dabei überwiegend um Zivilisten, aber auch einige Soldaten und Volkssturmleute. Die Übereinstimmung der Zahlen sollte aber nicht zu einem vorschnellen Schluß führen: Etliche vermißte Marienburger sind gewiß anderswo ums Leben gekommen, dagegen waren unter den in der Stadt umgekommenen Deutschen zweifellos auch Auswärtige, insbesondere ostpreußische Flüchtlinge.

Die Aufklärung steht erst am Anfang.

Konrad Badenheuer

 


Der obenstehende Artikel wurde der Verweis auf externe Seite Preußischen Allgemeinen Zeitung, Nr. 3 vom 17.01.2009, entnommen.
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Weitere Informationen zu dem in Marienburg entdeckten Massengrab finden Sie beim Verweis auf externe Seite Heimatkreis Marienburg.

Artikel veröffentlicht am 19.01.2009

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